Donnerstag, 19. Januar 2012

Recherche: Individualisierung

Auch der Begriff Individualisierung zielt auf die bestmögliche Passung von Unterrichtsangebot und Schülervoraussetzungen. Anders als die lehrer- und gruppenbezogene Sichtweise von „innerer Differenzierung“ denkt „Individualisierung“ stärker von den Lernvoraussetzungen, -wegen und -zielen individueller Schüler/innen her. Individualisierter Unterricht ist dabei nicht unbedingt „Einzelunterricht“. Sein Charakteristikum ist vielmehr, Schüler/inne/n durch Aufgabenstellungen und flexible Unterrichtsmethoden solche Lernwege und Lernziele zu ermöglichen, die ihren individuellen Voraussetzungen in Hinblick auf Leistungsvermögen, Interessen usw. gut entsprechen, sie durch diese „Passung“ zu optimaler Ausschöpfung ihrer Lernpotenziale motivieren und sie dabei auf ihrem Lernweg zu unterstützen (vgl. Feyerer 1998: 149).

Ein angemessener Umgang mit Heterogenität kann sich nicht auf Formen der Unterrichtsdifferenzierung
beschränken, sondern erfordert auch schulorganisatorische Veränderungen (vgl. Pechar 2007) ebenso wie temporäre externe Differenzierungsmaßahmen (vgl. Wellenreuther 2008). Dieses Kapitel konzentriert sich jedoch auf unterrichtliche Formen von Individualisierung und innerer Differenzierung.

- Lerndiagnosen, die aktuelle Stärken oder Defizite in spezifischen Teilbereichen eruieren.
- Lernaufgaben, die eine „Passung“ zwischen Lernvoraussetzungen und Lernzielen ermöglichen.
- Unterschiedliche Ziele: Individualisierter Unterricht ist auch durch – teilweise – unterschiedliche
Lernziele charakterisiert. Im „Fundamentum“ sind jene Lernziele festgehalten, die fü alle Schüler/innen in gleicher Weise relevant sind, die „fundamentale Konzepte“ (und d. h. auch nicht unbedingt die „leichteren“ Aufgaben) des jeweiligen Lernfeldes vermitteln (vgl. Herber 1983: 16) und für die „zielerreichendes Lernen“ angestrebt wird. Im „additum“ finden sich Zusatzaufgaben, interessante Anwendungen, Vertiefungen und ÜbertragunAen für Schüler/innen, die z. B. von einer Erarbeitung im Durchschnittstempo unter- oder überfordert sind oder denen spezielle Übungsmöglichkeiten angeboten werden sollen. Additumsaufgaben erlauben daher auf spezielle Interessen und Begabungen der
Schüler/innen einzugehen und ihnen Material zur Vorbereitung für weitere Lern- und Berufswege
zur Verfügung zu stellen (vgl. Herber 1983: 60).
 - Neben der Entwicklung und Vorgabe von Lernaufgaben wirkt die Lehrperson durch Lernberatung und durch Instruktion, wo diese helfen, Lernziele zu erreichen.
- Dies alles ist eingebettet in flexible Unterrichtsformen, die das Lernen von einzelnen Schüler/inne/n bzw. Schüler/innen/gruppen an unterschiedlichen Aufgaben zulassen.
- Inhaltsreiche und ermutigende Rückmeldungen für Schüler/innen, die diese für weiteres Lernen motivieren.
- Schließlich ist eine Form der Leistungsbeurteilung notwendig, die individualisierten Lernwegen nicht widerspricht, sowie ein ökonomisches System der Leistungsdokumentation, das es erlaubt, Lernstand, Fördermaßnahmen und Diagnosen festzuhalten (z. B. in Form eines „Förderplans“).
- Didaktische Materialien und Räumlichkeiten, die Individualisierung erleichtern.

Aus:
Band 2
Fokussierte Analysen
bildungspolitischer
Schwerpunktthemen
S. 347 ff

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